21. Kapitel: Mallorys Geheimnis 2/2

Mallory hockt noch immer in meiner raffinierten Katzenfalle und schaut böse zu uns auf. Mit diesem plötzlichen Überfall scheint sie wohl nicht gerechnet zu haben. Die Frage, was ihr eigentlicher Plan war, steht noch immer unbeantwortet im Raum. 

Nachdem ich Mallory offenbare, dass ich ihre Vergangenheit in den Cub-Laboren kenne, scheint sie schließlich zu begreifen, dass sie in der Falle sitzt und jeder Widerstand zwecklos ist. Sie stößt frustriert den Atem aus und beginnt zu erzählen.

„Ihr lasst mich ja doch nicht frei. Also gut… Ich habe das alles nur für meinen Retter getan. Nachdem ich aus dieser scheußlichen Forschungsanlage in Cube geflohen bin, hatte ich keine Ahnung, wohin ich gehen sollte. Wochenlang bin ich durch die Straßen Vancouvers geirrt und habe nach Essbarem gesucht. Keiner der Obdachlosen hat mir geholfen. An einem Abend haben sie mich herumgetreten und ausgelacht. Ein vorbeilaufender älterer Herr hat alles beobachtet und mich gerettet. Er hat mich bei sich aufgenommen, mich gefüttert und gepflegt.“ Mallory lächelt bei diesem Gedanken.

„Aber wozu brauchtest du dann den Schal?“, fragt Drew, der seinen Kopf wie gewohnt aus meiner Jackentasche reckt.

Mallory scheint sich in der Katzenbox ein wenig zu zieren. Schließlich sagt sie: „Ich wusste, dass ihr für die fehlende Zutat den Schal auswählen würdet und dachte, dass ihr scheitert, weil Mary ihn euch aus Habgier nicht wieder zurückgeben würde. Obdachlose sind schlimme Menschen! Sie haben mir wehgetan. Ich wollte, dass ihr das auch bemerkt und eure Mission aufgebt.“ 

Mallory bemerkt, wie mein Blick zum Kessel wandert. „Der Trank war nur zur Ablenkung. In dem Kessel dort ist reines Wasser“, fügt sie seufzend hinzu.

So naiv kann man eigentlich gar nicht sein. Wie um ihr das Gegenteil zu beweisen, hole ich den Schal aus meiner Tasche und halte ihn in die Höhe. „Du wirst erstaunt sein, dass Mary mir den Schal ohne Meckern und Murren zurückgegeben hat. Sie hat ihn zuvor sogar ihrer Tochter geschenkt, die ihn als eine Art Glücksbringer gesehen hat. Sie liebt ihre zwei Kinder sehr und würde keiner Fliege etwas zuleide tun.“ Ich bemerke, dass ich so langsam zu Mallory durchdringe. Daher füge ich hinzu: „Es gibt immer schwarze Schafe – in jeder Bevölkerungsgruppe. Du und dein Retter hättet genauso gut von reichen Jugendlichen gepiesackt werden können.“ 

Mallory schaut erstaunt zu mir auf, als würde die Welt nun endlich einen Sinn machen. „Wenn das so ist, muss ich mich aufrichtig bei euch entschuldigen. Ich war so benebelt von meinem Wunsch, meinen Retter und mich zu rächen, dass ich es für unmöglich gehalten habe, dass auch gute Menschen in East Hastings leben können. Es tut mir sehr leid, dass ich euch da mit reingezogen habe. Kann ich irgendetwas tun, um meinen Fehler wiedergutzumachen?“Erleichtert grinse ich vor mich hin. „Ich hätte da schon eine Idee.“