7. Kapitel: Die Strategie

„Hast du denn schon eine Idee, wie wir Mary helfen können?“, fragt Drew neugierig. Wir sitzen in der Küche der Cube-Zentrale und besprechen das weitere Vorgehen. Grübelnd reibe ich mir die Augen. Ich bin echt müde.

„Nein, so richtig weiß ich noch nicht, was wir machen können.“ Ich denke an den Mann mit der Donutbox und seine Warnung, lieber woanders hinzugehen. „Mein Gefühl sagt mir aber, dass wir mehr Aufmerksamkeit auf die Lage und den Hintergrund dieser Menschen lenken sollten. Keiner traut sich aktuell in das Viertel, weil alle Angst haben und die Obdachlosen als gefährlich sehen. So kann es nicht weitergehen!“

„Huk, der Häuptling hat gesprochen. Immerhin sagst du mittlerweile ‚wir‘ statt nur ‚ich‘. Das nehme ich mal als gutes Zeichen für unsere weitere Zusammenarbeit.“ Drew scheint sichtlich zufrieden mit sich zu sein. Stolz plustert er sich auf, sodass fast der oberste Knopf seines Jacketts aufspringt. „Ich habe sogar eine Idee, wie wir die Aufmerksamkeit von Tausenden Menschen – ja, sogar international – bekommen können.“

Das lässt mich hellhörig werden. Was kann ein Küken schon für eine geniale Idee haben.

„Sagt dir Social Media etwas?“, fragt Drew. „Instagram, Snapchat, TikTok und Konsortien?“

„Davon habe ich bereits gehört. In Cube wurden alle Plattformen dieser Art vor einigen Jahren abgeschafft, weil das Suchtpotenzial zu groß wurde und die Menschen nur noch ihre kostbare Zeit verschwendet haben. Gerade wir mit unseren eingebauten DisKos hatten ja jederzeit Zugriff. Die Cube-Einwohner haben nur noch in die Luft gestarrt und sich gegenseitig über den Haufen gerannt, weil ihre ganze Aufmerksamkeit einzig den DisKos galt.“

Drew scheint das nicht weiter zu interessieren. „Da wir hier aber nicht in Cube sind, können wir Social Media ohne Weiteres für unsere Zwecke nutzen. Wie wär’s, wenn wir verschiedene Obdachlose zu ihrer Vergangenheit befragen und das auf allen gängigen Plattformen hochladen. Natürlich nur mit deren Erlaubnis. Vielleicht können wir auch eine der leerstehenden Gebäude wieder herrichten. Und dann könnten wir noch einen Spendenaufruf vor Ort starten, der die Menschen auf der Straße mit ‘Normalos’ aus der Umgebung zusammenbringt. Und zum Schluss veranstalten wir ein total schönes Weihnachtsfest!“

Drew ist mit jedem Satz aufgeregter, was mich zum Lachen bringt. „Das sind tolle Ideen, Drew! Und ich hab’ auch schon einen Plan, wie wir die Follower-Zahlen und Klick-Raten noch steigern können. Mein Onkel Carl hat da so ein paar Tricks und Kniffe entwickelt, als er selbst noch auf Social Media aktiv war. Bestimmt kann er uns helfen. Ich frage ihn gleich mal.”