14. Kapitel: Höllenfahrt

Circa eine Viertelstunde später hält Mallory endlich an. Das wurde auch Zeit, denn meine Beine fühlen sich nach dem langen Marsch durch das Unterholz wie Gummi an. Drew steckt vorsichtig den Kopf aus meiner Jackentasche und versucht, mir möglichst unauffällig zuzuflüstern: „Sind wir endlich da?“

„Fragt das faule Küken aus der Jackentasche“, erwidert Mallory. Natürlich hat sie mit ihren empfindlichen Katzenohren jedes Wort verstanden. Drew zuckt in meiner Jackentasche merklich zusammen.

Mallory läuft zielstrebig auf einen der Bäume zu und tippt mit ihrer Pfote fünfmal rhythmisch an den Stamm. Staunend beobachte ich, wie sich direkt vor ihrer Nase eine im Stamm integrierte, unsichtbare Tür öffnet. Sogar ein Pling wie bei einem gewöhnlichen Fahrstuhl ist zu hören. Dahinter kommt eine schmale Kabine zum Vorschein, in den Mallory sich, ohne zu zögern, hineinstellt. Ein Fahrstuhl in einem Baum – das ist mal was Neues…

„Bewegt eure Hintern hierher“, ruft sie uns dann zu. Sie hat wirklich eine ganz eigene Art. Bis jetzt haben wir einen gebührlichen Sicherheitsabstand zu ihr gehalten. Doch nun laufe ich zögernd auf den Baum zu und stelle mich direkt neben sie in die Kabine. Drew scheint in meiner Jackentasche vollends verstummt zu sein, doch ich kann seine vorwurfsvollen Worte förmlich hören. „Du spinnst doch!“

Als die Tür sich schließt und uns in dem Baumstamm einsperrt, werde auch ich so langsam unruhig. Ich habe eigentlich keine Platzangst, aber besonders breit ist die Kabine leider nicht und ich muss meine Arme vor meinem Körper zusammenhalten, um nicht an die Innenwand des Baumes zu stoßen. Was hat diese schwarze Katze nur vor? 

Plötzlich ertönt ein geräuschvolles Quietschen und der Boden unter uns setzt sich in Bewegung. Als ich nach unten blicke, erkenne ich, dass wir auf einer sauber polierten Metallplattform stehen, die sich, ganz wie in einem Fahrstuhl, langsam nach oben bewegt. 

„Du, Mallory?!“, frage ich zitternd, während ich heimlich nach dem geräuschvollen, aber scheinbar unsichtbaren Mechanismus hinter der fahrbaren Plattform suche. „Mir ist das nicht geheuer“, gestehe ich. „Wohin bringst du uns? Und was macht ein Fahrstuhl im Wald… in einem BAUM?“

Na, kommt ihr mit der Renovierung voran?

Mann, Mann, Mann – warum muss Carl mich immer in den ungünstigsten Momenten kontaktieren? Ich versuche mich zu beruhigen und die in mir aufsteigende Höhenangst zu unterdrücken. Eine Panikattacke wäre jetzt mehr als ungünstig.

Ist gerade schlecht. Falls wir nicht lebend hier herauskommen – eine sprechende Katze namens Mallory hat uns umgebracht“, antworte ich halb scherzend über mein DisKo.

Braucht ihr Hilfe?“, kommt es besorgt von Carl zurück. Um ihn zu beruhigen, denke ich: „Nein, wir schaffen das. Danke für das Angebot. Hab‘ dich lieb!

Ruckartig kommt der Fahrstuhl zum Stehen. „Wir sind da“, sagt Mallory, ganz so, als würde das all die merkwürdigen Ereignisse erklären, die zuvor passiert sind.

„Moment… wo sind wir?“, frage ich sie verdutzt. „Hier ist doch nichts.“ Ich schaue, noch immer in meiner unbequemen Position verharrend, auf die Innenwand des Baumstammes vor uns. 

Mit einem erneuten Pling öffnet sich die Tür.