19. Kapitel: Die Unglückselige

„Mallory – die Unglücksselige!“, rufe ich. „Dass mir das nicht früher aufgefallen ist…“

In diesem Moment kommt Kenny ins Zimmer. Er und Drew schauen mich verwirrt an. Kein Wunder, denn die beiden wissen nicht, was ich weiß. 

„Ja, und was willst du uns jetzt damit sagen?“, fragt Drew schließlich ungeduldig. Er ist wirklich unverbesserlich – die Ungeduld in Pers… na ja, in Küken-Gestalt.

„Und wer ist überhaupt Mallory?“, fügt Kenny hinzu. Ihm habe ich von der ganzen Geschichte noch gar nichts erzählt.

„Mallory ist eine der Katzen, die in dem Labor meiner Großmutter gezüchtet wurden“, erzähle ich, immer noch aufgeregt über meinen Geistesblitz. „Sie hat damals mit ihren Kolleginnen genetische Veränderungen an Katzen vorgenommen, um sie zum Sprechen zu bringen und länger leben zu lassen. Über die genauen Hintergründe hat sie mich leider nicht informiert.“ 

Ich hole tief Luft. Ich vermisse meine Großmutter, auch wenn ich sie bis heute kaum zu Gesicht bekomme mit ihrem Wissenschaftsfanatismus. „Jedenfalls ist vor ein paar Jahren eine der Katzen entwischt und seitdem nie wieder aufgetaucht“, fahre ich fort. „Sie war schwarz und laut Großmutters Erzählungen immer eine kleine Außenseiterin. Großmutter hat ihr nach ihrem Verschwinden den Namen ‚Mallory‘ gegeben, was wie gesagt für Unglück steht. Wahrscheinlich hat sie damals schon geahnt, dass diese Katze noch für Schwierigkeiten sorgen würde.“

Kenny schaut mich immer noch verwirrt an. Daher gebe ich für ihn nochmal im Schnellverfahren die Hintergründe unseres Zusammentreffens mit Mallory wieder, woraufhin er ganz blass wird. 

„Und du denkst jetzt, dass die entlaufene Versuchskatze dieselbe Katze ist, die du im Wald gesehen hast?“, fragt er besorgt. „Das würde natürlich einiges erklären. Versuchstiere in freier Wildbahn können sehr gefährlich werden.“

„Hallo?! Ich sitze direkt neben dir!“, meldet sich Drew vorwurfsvoll zu Wort. „Und ich höre alles, was du sagst – nur, dass du’s weißt. Gefährlich…“, er verdreht die Augen.

„Entschuldige, Drew“, erwidert Kenny beschwichtigend. „Aber das hört sich alles gar nicht gut an. Wer weiß, was diese Katze im Schilde führt.“

Das sehe ich genauso. Wie konnte ich nur so kurzsichtig sein. Macht mich meine Mission blind für offensichtlich unlogische Vorkommnisse? Eigentlich hätten wir schon längst mit den Renovierungen weitermachen müssen. Jeder Tag, den wir mit anderen Dingen verbringen, verzögert das Renovierungsende nach hinten.

Doch zunächst muss ich unbedingt herausfinden, was Mallory vorhat. Wozu brauchte sie den Schal wirklich? Bis jetzt ist er immer noch in meiner Tasche verstaut. Eigentlich wollte ich ihn heute Nachmittag zum Baumhaus bringen, in dem wir Mallory das letzte Mal gesehen haben. Vielleicht sollte ich mir vorher einen guten Plan zurechtlegen.