24. Der Abschied

„Na, wie gefällt dir die Herberge Hastings?“, frage ich die Einbeinige Mary, die neben mir in der Schlange zum Buffett steht. In den letzten Tagen konnte sie nur wenig bei der Renovierung helfen. Ich habe ihr den Auftrag gegeben, stattdessen Schals für die anderen Obdachlosen zu stricken.

„Ach Cassandra, es is’ so schön geworden. Ihr habt wirklich ganze Arbeit geleistet. Hier kommen bestimmt über 100 Menschen unter. Und es is‘ toll, dass der Bürgermeister endlich die Dringlichkeit unserer Lage erkannt hat und echte Maßnahmen auf den Weg bringt. Das haben wir alles nur dir zu verdanken.“

„Oh, vielen Dank! Das habe ich doch gern gemacht“, antworte ich und werde schon wieder ein wenig rot. „Was passiert denn jetzt eigentlich mit deinen Kindern?“

Bei dieser Frage strahlt Mary über beide Ohren. „Das Jugendamt hat entschieden, dass ich sie demnächst dreimal die Woche seh‘n darf, wenn ich mich gut in der Herberge Hastings einleb‘.“

„Wow, Glückwunsch! Ich freu mich so für euch!“, erwidere ich. Dann erblicke ich aus dem Augenwinkel einen schwarzen Schatten. Als ich genauer hinsehe, kommt Mallory hinter dem Treppengeländer zum Vorschein. „Wenn du mich kurz entschuldigst…“, sage ich daher zur Einbeinigen Mary und laufe auf Mallory zu.

„Hey, was machst du denn hier?“, frage ich sie erstaunt. Obwohl sie uns geholfen hat, mehr Helfer über Social Media zu finden, hätte ich nicht damit gerechnet, dass sie zu Besuch kommt.

Mallory blickt mich pikiert aus ihren Katzenaugen an. „Glaub bloß nicht, dass ich für dich hier bin“, antwortet sie schnippisch. „Ich wollte nur sichergehen, dass du mich nicht an deine Großmutter verpfeifst. Schließlich bin ich damals aus ihrem Labor ausgebrochen.“

„Weiß dein Retter oder irgendjemand sonst hier, dass du sprechen kannst?“, frage ich. Dann füge ich hinzu: „Und hast du vor, wieder irgendwelche Dummheiten zu machen?“

„Beides nein“, antwortet Mallory. „Ich habe meine Lektion mittlerweile gelernt.“ Als ich sie prüfend ansehe, seufzt sie und verdreht die Augen. „Das ist mein Ernst.“

„Wenn das so ist, werde ich meiner Großmutter nichts von dir erzählen. Kenny und Drew halten auch dicht. Du brauchst dir also keine Sorgen machen“, versichere ich ihr. Sie scheint hinter ihrer groben Fassade ein gutes Herz zu haben. Außerdem wird Kenny weiterhin ein Auge auf sie haben – das hat er mir versprochen.

Ich schaue mich noch einmal im Saal um. Niemals hätte ich gedacht, dass ich diese Mission so erfolgreich zu Ende bringen werde.