3. Kapitel: Drew

“Äh… das ist jetzt ein Scherz, oder?” Ich starre Kenny ungläubig an. Vor uns sitzt ein etwa zehn Zentimeter großes Küken mit einem breiten Grinsen auf den Lippen (oder besser gesagt, auf dem Schnabel). Es trägt die kleinste Hornbrille, die ich jemals gesehen habe, und ein gelber Flaum zieht sich über seinen rundlichen Körper.

“Darf ich vorstellen: Spezialagent Drew Nolton. Er gehört zur Einheit für spezialgelagerte Sonderfälle und wird dich auf deiner Mission beglei…”, setzt Kenny an, doch ich unterbreche ihn in seinen Ausführungen.

“Soll das ein Witz sein?”, rufe ich verärgert. “Ich dachte, das wird MEINE Mission. Und sowieso: sollen Missionen nicht dazu beitragen, eigenständiger zu werden? Was soll ich denn mit einem Kü… einem anderen Agenten anfangen? Und was soll das überhaupt bedeuten: ‘spezialgelagerte Sonderfälle’? Wir sind doch hier nicht bei den drei Fragezeichen!” 

Jetzt habe ich mich richtig in Rage geredet. Kenny schaut mich nur mitleidig an.

“Tut mir leid – Anordnung von deinem Onkel”, antwortet er entschuldigend, was mich jedoch nicht gerade beruhigt. Gefrustet schlage ich die Hände über dem Kopf zusammen, schließe die Augen und zähle bis zehn, wobei ich bei jeder Zahl langsam ein- und wieder ausatme. So habe ich mir das nicht vorgestellt.

“Ich unterbreche diese interessante Diskussion ja nur sehr ungern, aber wir können an der Situation sowieso nichts mehr ändern. Von daher: hallo, ich bin Drew und ja, ich bin ein Küken. Die Bezeichnung ‘spezialgelagerte Sonderfälle’ bezieht sich nicht auf die Missionen, die ich bearbeite, sondern auf die Tatsache, dass ich ein sprechendes Tier bin, das in den Laboren von Cube gezüchtet wurde. Ich habe als Spezialagent noch wenig Erfahrung, aber ich bin hochmotiviert und bereit zum Loslegen”, ruft das Küken voller Inbrunst und plustert sich vor Stolz ein wenig auf. “Also mit Loslegen meine ich nicht das Eierlegen… aber wie auch immer”, fügt es peinlich berührt hinzu. “In diesem Sinne wünsche ich uns eine gute Zusammenarbeit!“

Drew hält mir seinen ausgestreckten Flügel hin. Zögernd nehme ich das winzige Federknäuel zwischen Daumen und Zeigefinger und schüttle es vorsichtig wie zum Handschlag. Damit ist mein Schicksal also besiegelt.

“Na, geht doch”, freut sich Drew. “Das wird mit Sicherheit ein riesiges Abenteuer! Meine erste Mission mit einem echten Menschen – ich bin schon so aufgeregt!”

Na, hast du deinen kleinen Freund schon kennengelernt?“, erscheint Carls Nachricht auf meinem DisKo.

Wie gesagt, das Timing meines Onkels ist wirklich grottenschlecht…